
Um die Klimaschutzziele zu erreichen, braucht es mehr als gedämmte Gebäudehüllen. Davon ist der BVE überzeugt. Energetische Quartiersentwicklungen nehmen das gesamte Quartier in den Blick anstatt nur einzelne Gebäude.
Das Ziel ist eine klimaschonende Energieerzeugung vor Ort. 2021 schloss der BVE seine erste energetische Quartiersentwicklung am Heidrehmen in Hamburg-Iserbrook ab. Die nächste am Schenefelder Holt ist bereits in Planung. Dabei zeigt sich: 08 / 15-Lösungen gibt es nicht. Denn jedes Quartier hat unterschiedliche Voraussetzungen und Potenziale. Bei der energetischen Quartiersentwicklung am Heidrehmen in Hamburg-Iserbrook arbeitete der BVE eng mit dem städtischen Energieversorger »Hamburg Energie« und der Hamburger Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) zusammen. Die Arbeiten dauerten von 2018 bis 2021. Jetzt gewährleisten
- ein neues Nahwärmenetz mit einer Länge von insgesamt 2,3 Kilometern,
- zwei Blockheizkraftwerke,
- zwei Brennwertkessel,
- eine Wärmepumpe,
- eine Power-to-Heat-Anlage und
- eine solarthermische Anlage
die ressourcenschonende Energieversorgung vor Ort. Überschüsse werden in das öffentliche Netz eingespeist.
Zum Maßnahmenpaket am Heidrehmen gehörten außerdem ein hydraulischer Abgleich der Heizungen in den Häusern, Dachdeckendämmungen, die Sanierung der Grundsiele sowie der Austausch einiger Fenster. Außerdem verlegte der BVE Schächte und Leitungen für die Ausstattung des Quartiers mit Elektro-Ladestationen. Gedämmt wurden nur drei Häuser.
17,14 Prozent Einsparung bei fossiler Wärme
2021 ließ der BVE die Ergebnisse der energetischen
Quartiersentwicklung am Heidrehmen erstmals durch
externe Gutachter auswerten. Betrachtet wurden dabei
die Werte für das erste Halbjahr 2021. Das Ergebnis: Das
selbst gesetzte Ziel, bei der fossilen Wärme 13,55 Prozent
im Vergleich zum Referenzjahr 2014 einzusparen, wurde
mit einer Einsparung von 17,14 Prozent deutlich übertroffen.
Das ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil die
Bewohnerinnen und Bewohner im Coronajahr 2021 sehr
viel Zeit zu Hause verbracht und demzufolge auch mehr
geheizt haben dürften. Die Stromerzeugung vor Ort ist
durch das zusätzliche Blockheizkraftwerk stark gestiegen,
dass schlägt sich positiv auf die CO2-Bilanz nieder.
Der Emissionsfaktor Wärme nach dem Gebäudeenergiegesetz
(GEG) konnte von 222 g CO2-Äq. / kWhth auf
52 CO2-Äq. / kWhth reduziert werden.
Um auch den Sektor Verkehr in die energetische Quartiersentwicklung einzubinden, eröffnete der BVE im September 2021 am Heidrehmen außerdem seinen ersten Mobilitätshub (mehr darüber auf S. 62).
»Eine große Anzahl von Wohnungen bringt bei der energetischen Modernisierung Synergien. Deshalb führt die Kooperation mit anderen auch aus wirtschaftlicher Sicht zu den besten Lösungen«
Axel Horn
Vorstandsmitglied
Das nächste Projekt: Heizen mit der Abwärme des DESY
Die nächste energetische Quartiersentwicklung plant
der BVE am Schenefelder Holt in Hamburg-Iserbrook.
Hier hat er knapp 700 Wohnungen. Für dieses Quartier
haben der Bezirk Hamburg-Altona und die BUKEA eine
Studie in Auftrag gegeben, um die Potenziale vor Ort
auszuloten. Dabei ist ein ganz neuer Ansatz entstanden,
um den Anteil der regenerativen Energie zu erhöhen: Nur
knapp einen Kilometer von den Wohnungen entfernt
liegt das Deutsche Elektronen-Synchrotron (DESY), das
als Forschungszentrum mehrere Teilchenbeschleuniger
betreibt. Deren Abwärme könnte genutzt werden, um
die Haushalte am Schenefelder Holt mit Wärme zu versorgen.
Insgesamt gibt es im Quartier rund 1.500 Wohnungen.
Berechnungen zeigen, dass es möglich sein
müsste, mehr als die Hälfte der benötigten Wärme dafür
aus der Abwärme des DESY zu gewinnen. Kombiniert
werden soll diese Art der Wärmegewinnung mit Blockheizkraftwerken
und Wärmepumpen vor Ort. So ist es
möglich, zu akzeptablen Preisen zu einem hohen Anteil
erneuerbarer Energien zu kommen. Daneben wird der
BVE prüfen, wie der Energieverbrauch in den Häusern
noch weiter gesenkt werden kann. Teile des Quartiers
sind bereits gedämmt.
Der zweite große Bestandshalter am Schenefelder Holt ist das kommunale Hamburger Wohnungsunternehmen SAGA. Gemeinsam mit ihm prüft der BVE die Vorschläge. Im nächsten Schritt muss außerdem ein Partner aus der Energiewirtschaft gefunden werden. »Die großen Lösungen erfordern natürlich mehr Zeit und umfangreiche Abstimmungen. Aber der Aufwand lohnt sich. Denn die Ergebnisse sind besser und nachhaltiger«, lautet das Fazit von Axel Horn aus dem Vorstand des BVE.
Rückenwind aus Berlin
Die neue Bundesregierung unterstützt ausdrücklich flexible
Lösungen auf dem Weg zur Klimaneutralität. Im Koalitionsvertrag
von 2021 heißt es dazu: »Um eine wirtschaftlich
effiziente, sozialverträgliche Umsetzung der
Klimaschutzziele, insbesondere orientiert an der eingesparten
Tonne CO2, sicherzustellen, setzen wir auf passgenaue
und technologieoffene Maßnahmen aus Optimierung
der Gebäudehülle, der technischen Anlagen
zur Erzeugung und Versorgung mit erneuerbarer Energie
am Gebäude und Quartierslösungen. Die Förderprogramme
werden wir den Zielen und Bedarfen entsprechend
weiterentwickeln und umschichten.«